Ein Winter Swell im Hochsommer

Es ist Anfang Februar. Wir sind jetzt seit gut 2 Monaten in Neuseeland unterwegs und endlich in Raglan angekommen. Mit uns kam auch ein relativ großer Swell an. Oder anders gesagt, ungewöhnlich groß für diese Jahreszeit. Die Locals bezeichnen es als Winter Swell mitten im Sommer. Für die erfahrenen und ambitionierten Surfer ein Traum. Für mich einige Nummern zu groß. In Zahlen ausgedrückt 3-4m Wellenhöhe laut der Vorhersage. 

Als Erstes fahren wir zur Klippe am Ngarunui Beach. Wir waren ja schon ein paar Mal ziemlich genau zur gleichen Jahreszeit hier und das hab ich noch nie gesehen. Man sieht nicht nur die großen Wogen bei Manu Bay, Indicators und Whale Bay, sondern auch direkt vor der Küste am Ngarunui Beach gaaaanz weit draußen lassen sich Surfer mit dem Jetski in die Wellen ziehen. Wir beobachten das Treiben ein Weilchen und fahren dann weiter nach Manu Bay. Hier ist richtig was los. Die Wellen sind einfach nur beeindruckend. Wir schnappen uns die Kameras und beobachten die Surfer. Allein der Sprung vom Felsen, wo man genau den richtigen Moment zwischen den heran rollenden Wellen abpassen muss, ist einfach nur krass. Die Wellen klatschen gegen die Felsen und ein Fontäne spritzt in die Höhe. Doch einer nach dem anderen verschwindet mit einem gekonnten Sprung im Wasser. Ok, nicht bei allen schaut es gekonnt aus. Diejenigen, die es richtig machen, landen dank Strömung und guter Technik an der perfekten Stelle für einen Take-Off und können eine der längsten Wellen der Welt surfen… wenn ihnen keiner rein dropped. 

Wir schauen ziemlich lange zu. Rainer hadert mit sich, weil er auch gerne diese Welle surfen möchte. Surfen ist halt vor allem eine mentale Herausforderung. Jeder Surfer kennt das Gefühl, man will eigentlich, aber man stößt mental an seine Grenzen. Überschätzen sollte man sich besser auch nicht. In Neuseeland gibt es dazu sogar eine Kampagne … 

„If in doubt stay out“ 

ist der Slogan. Klingt einfach, muss man aber halt trotzdem erst mal umsetzen. 😉

Am zweiten Tag ist die Situation relativ ähnlich. Wir schauen in Manu Bay wieder den Surfern zu wie sie sich in die Wellen stürzen. Ansonsten verbringen wir die Zeit mit abhängen und die Sonne genießen. Leider hat man uns die ersten Nächte auf dem Campingplatz direkt am Spielplatz platziert. Daher wird es nichts mit Yoga und ein bisschen Ruhe. Immerhin kann man vom Campingplatz direkt in den kleinen Ort laufen. Wir entdecken eine Bäckerei, die richtig gutes Sauerteigbrot hat und leckeres Gebäck. Da schlagen wir gerne zu. 🙂

Obwohl die Sommerferien in Neuseeland langsam vorbei sind, ist es immer noch relativ voll. Wir wollen trotzdem unseren Aufenthalt um ein paar Tage verlängern, weil wir noch ein bisschen Hoffnung haben, dass wir doch noch surfen können. Die Vorhersage ist vielversprechend. Der Swell geht deutlich runter.

Für die restlichen beiden Nächte haben wir dann einen etwas ruhigeren Platz bekommen. Die Nachbarn sind auch sehr nett. Ein älteres Ehepaar aus der Nähe von Whangamata. Da wollen wir auch noch hin. Rainer kommt mit dem Mann ins Gespräch und wie so oft schon auf dieser Reise kommt ziemlich schnell die Frage „What‘s the accent?“ Woraufhin Rainer ziemlich trocken und mit seinem eindeutig deutschen Akzent antwortet: „Which accent?“ Der Mann ist kurz verdutzt, aber lacht dann auch. 

Endlich Surfen

Wieder einmal fahren wir nach Manu Bay. Der Swell ist schon deutlich runtergegangen, allerdings im Verhältnis zu 3-4m, anders gesagt: klein ist es immer noch nicht. Rainer schaut sich die Sache ein bisschen an und packt dann entschlossen sein Brett und läuft Richtung „Sprungfelsen“. Ich halte brav mit der Kamera drauf, um die Eindrücke einzufangen. Leider konnte ich nicht damit rechnen, dass Rainer genau an dem oben beschriebenen perfekten Take-Off Spot landet und die Welle seines Lebens surft. Ich hab den Anfang zwar drauf, aber dann gibt es leider nur noch Aufnahmen von hinten. Somit hab ich den perfekten Winkel verpasst. Dazu hätte ich mich am Ende der Bucht platzieren müssen. Hab ich auch. Nur halt viel später. Naja, immerhin gibt es überhaupt ein paar Aufnahmen. Besser als nix. 

Ich glaub, er hat noch so 2-3 zusätzliche Wellen bekommen, aber keine mehr wie diese Erste. 

Rainer ist super stoked (wie die Surfer sagen) als er aus dem Wasser kommt 😀 Jetzt bin ich natürlich auch hoch motiviert und hoffe, dass am Beachbreak auch ein bisschen was geht. Als wir am Ngarunui Beach ankommen, schauen wir erst mal wieder von der Klippe. Zugegeben besonders einladend sah es nicht aus, aber wir sehen ein paar wenige Surfer, die trotzdem in den Wellen sind. Und wenn man unbedingt surfen will, dann kann man sich auch vieles schön reden. Also ziehen wir uns um und laufen nach unten zum Strand. Von unten schaut das ganze eigentlich nochmal sehr viel schlechter aus. Rainer will direkt wieder zurück… klar, er ist ja auch gerade einen traumhaften Pointbreak gesurft. Aber jetzt wo ich schon mal umgezogen bin, will ich zumindest mal ins Wasser. Am Ende war es nur ein Weißwasser-Kampf, aber immerhin hab ich die ein oder andere abgefischt und bin eine relativ lange Welle bis zum Strand gesurft. Schön ist anders, aber das war mir in dem Moment egal. 

Anstatt auf dem Campingplatz kochen wir heute in der Manu Bay und genießen den Blick aufs Meer, die Surfer und den Sonnenuntergang.

Die nächsten Surftage wurden wie folgt in meinem Surf-Tagebuch dokumentiert:

  • 🙂🙂 ein paar richtig lange Rides. Gute Session viel Paddeln.
  • 🙈 nix Gutes bekommen. Waschmaschine.
  • 1 Welle. Crowded 

Neben Surfen, machen wir Strandspaziergänge, lesen, baden und gönnen uns das ein oder andere Essen außerhalb der Campervan-Küche. 

Die Zeit in Raglan neigt sich dem Ende zu. Die Wellen waren nicht ganz das, was ich mir erhofft hatte, aber immerhin bin ich nicht ganz leer ausgegangen. Es ist Samstag und die kleine Stadt füllt sich mal wieder. Nach der letzten, nicht besonders erfolgreichen, Surf-Session beschließen wir weiterzufahren. 

Goodbye Raglan. Ich hoffe wir sehen uns wieder. 

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