… und tatsächlich ging es bergauf und bergab.

Der letzte gemeinsame Mutter-Tochter-Trip ist schon ein paar Jährchen her. Genau genommen 6 Jahre. Damals waren wir für ein verlängertes Wochenende in Dubrovnik. Wir hatten extra eine Stadt rausgesucht, die für uns beide neu war. Dieses Mal fällt die Wahl auf Lissabon. Ja, genau schon wieder Portugal. Für mich ist es schon fast die zweite Heimat, aber für meine Mama ist es tatsächlich das allererste Mal, dass sie an das westlichste Ende Europas reist. Wir beschließen gleich, eine Woche zu bleiben, damit sich die Anreise auch lohnt. Die ersten Tage wollen wir in der Stadt verbringen und die zweite Hälfte etwas nördlich von Lissabon am Strand.

Aber fangen wir mal ganz am Anfang an. Natürlich ist Mama super aufgeregt und hat gefühlt schon eine Woche vorher den Koffer gepackt. Ok, das ist leicht übertrieben, aber nah dran an der Wahrheit. Damit wir keinen Stress haben, treffen wir uns schon relativ pünktlich am Flughafen. Koffer einchecken, Sicherheitscheck und schwups sind wir auch schon am Gate. Wir fliegen mit der TAP. Das ist die portugiesische Airline. Es handelt sich hier nicht um Schleichwerbung, aber das wird (leider) für den folgenden Teil der Geschichte noch eine relevante Rolle spielen. Wir sitzen am Gate und dank Digitalisierung haben wir bisher auch mit keinem Personal vom Flughafen oder der Airline viele Worte gewechselt. Das Gepäck kann man ja inzwischen selbst einchecken und die Tickets haben wir auf unseren Smartphones. In der TAP App wird mir eine Verspätung von 30 min angezeigt. Ich laufe immer mal wieder vor zum Gate und checke den Bildschirm. Dort steht auch unser TAP Flug nach Lissabon als „delayed“… jetzt allerdings schon mit 1 h Verspätung, also 13:55 anstatt 13:35 Uhr. Naja, geht auch noch, denke ich mir. Als es jedoch immer später wird und immer noch nichts voran geht, gehe ich nochmals zum Gate vor. Dort treffe ich auf eine aufgeregte Frau, die mich fragt, ob wir auch nach Luxemburg wollen. Ich: „Äh, nein, nach Lissabon.“ Während die Dame ihren Flug vom Bodenpersonal checken lässt, schwant mir ganz langsam böses. Schon leicht aufgeregt frage ich nun auch, was denn mit unserem Flug nach Lissabon sei und strecke ihr mein DIGITALES Ticket entgegen, das (nur so nebenbei bemerkt) immer noch das Gate anzeigt, an dem wir seit fast 2 h brav sitzen und geduldig warten. Die Frau teilt mir relativ teilnahmslos mit, dass wir am falschen Gate sitzen und der Flug von einem anderen Gate geht. Schlagartig schalte ich von „leicht aufgeregt“ in den Panikmodus. Es kann sich hier nur um einen verdammt schlechten Scherz handeln. Ich sprinte wie eine Irre zu dem anderen Gate, wobei mir schon klar ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Flieger noch das ist, gegen Null geht. Mama versucht am Anfang noch mitzuhalten, muss sich aber dann meinen Sprintfährigkeiten geschlagen geben und ruft mir nur noch wohlgemeinte Anfeuerungsrufe hinterher. Unnötig zu erwähnen, dass an besagtem Gate gähnende Leere herrscht. Ich befinde mich zum ersten Mal in dieser Situation und kann es nicht fassen, dass mir das nach all den Reisen, die ich inzwischen sowohl privat wie auch beruflich hinter mir habe, gerade wirklich passiert ist. 

Meine Gedanken überschlagen sich, aber feststeht: Wir brauchen schnellstmöglich den nächsten Flug nach Lissabon, denn unser Gepäck ist ja bereits auf dem Weg dahin. Auch das ist gar kein gutes Gefühl. Im Eilschritt wird die Mama eingesammelt. Die ist wiederum erstaunlich ruhig. “Kann man nichts machen, findet sich schon eine Lösung” lautet ihre Devise. Würde ich mich nicht für diesen Schlamassel verantwortlich fühlen, würde ich wohl genauso denken. Aktuell bin ich voll im Modus, daher geht’s mit Vollgas weiter zum Lufthansa-Schalter, schließlich ist die TAP Teil der Star Alliance. Ich erkläre die Situation und mache auch höflich meinen Punkt, dass es keinerlei Update in der App gab. Die Dame am Schalter ist zunächst super hilfsbereit und engagiert, auch wenn sie mir ziemlich schnell die Hoffnung nimmt, dass wir hier irgendwas ersetzt bekommen. Wir erhalten eine klare Diagnose „Eigenverschulden“. Man ist verpflichtet, auf die Anzeigetafeln zu schauen. Ich erkläre nochmal, dass wir das ja gemacht hätten. Hab ich erwähnt, dass an dem Gate ein Flug der TAP mit Verspätung nach Lissabon angezeigt wurde? Hier kommt jetzt ein SEHR wertvoller Tipp: IMMER die Flugnummern abgleichen. 

Nach einigem Hin und Her am Lufthansa-Schalter stellt sich heraus, dass man uns hier nicht helfen kann, weil ich den Flug direkt bei der TAP gebucht hatte. Einen TAP Service-Schalter gibt es natürlich nicht. Immerhin erfahren wir, dass unser Gepäck nicht wie gedacht auf dem Weg nach Lissabon ist. Jetzt kommt der nächste Witz an der Geschichte. Man hat unser Gepäck natürlich ausgeladen, weil wir nicht zum Boarding erschienen sind. Ich stelle mir vor, wie der Frachtraum nach unserem Gepäck durchsucht wird, anstatt sich die Mühe zu machen, uns einmal auszurufen. Das habe ich ein paar Tage später nochmal recherchiert, aus Effizienzgründen wird heutzutage oft nicht mehr ausgerufen. Ich frage mich bis heute, ob es tatsächlich effizienter ist, nach zwei Gepäckstücken zu suchen, anstatt einmal eine Durchsage zu machen. 

Naja, zurück zum Flughafen-Drama. Ich versuche online, unseren Flug umzubuchen. Das geht leider nicht, weil wir ja bereits eingecheckt waren. Woraufhin ich die Airline anrufe und erst mal eine Weile in der Warteschleife hänge. Wir beschließen unser Gepäck zu holen. Auf die Aussage, dass es dann „automatisch“ richtig verladen wird, wollen wir uns lieber nicht verlassen. Wir wissen ja noch nicht mal, ob wir heute noch nach Lissabon kommen. 

Nachdem die Warteschleife meine Nerven weiterhin strapaziert, bin ich schon kurz davor, einfach einen One-Way-Flug zu buchen, erinnere mich aber kurz bevor ich auf „bezahlen“ klicke, nochmal daran, dass da irgendwas mit dem Rückflug war. Hier kommt ein weiterer hilfreicher Tipp: Wenn man den Hinflug nicht antritt, dann verfällt automatisch der Rückflug. Deshalb ist es nicht ratsam, in so einem Fall einen zusätzlichen Flug zu buchen, sondern man sollte definitiv über die Airline den verpassten Hinflug umbuchen. 

Irgendwann bin ich dann auch tatsächlich in der Warteschleife durchgekommen. Ich konnte direkt am Telefon zwei Flüge für den gleichen Tag am Abend buchen. Der Spaß hat uns lediglich nochmal 150 EUR pro Person gekostet. Ach ja, und was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass 46 EUR Telefonkosten auf mich zukommen, weil die Hotline der TAP in Mexiko sitzt!! Schönen Dank an Vodafone und die TAP. Bin nicht sicher, welchen von beiden ich eine Dankeskarte schicken müsste. 

Nachdem wir also unser Gepäck zum zweiten Mal am Lufthansa-Automaten eingecheckt hatten und wieder durch den Sicherheitscheck durch sind, storniere ich noch die Reservierung für das schöne 8-Gänge-Menü am Abend und informiere unsere Airbnb-Vermieterin, dass wir doch später kommen als geplant. Den Grund erwähne ich lieber mal nicht. 

Für heute bin ich bedient. 

Endlich in Lissabon angekommen, verläuft dann alles nach Plan. Wir holen unser Gepäck ab und nehmen uns ein Taxi zu unserer Unterkunft. Der Fahrer spricht kaum Englisch, so kann ich ein bisschen mein rudimentäres Portugiesisch auspacken. Er gibt sich total Mühe, extra langsam für mich zu sprechen, und ist an sich super gesprächig. Lustigerweise fragt er uns, ob wir für den Marathon da sind, was bei uns nur Gelächter auslöst. Schönes Kompliment, aber eher nicht, obwohl sich dieser Tag fast wie einer angefühlt hat. 

Die Stadt der sieben Hügel

Am nächsten Morgen gehen wir kurz einkaufen. Nach einem gemütlichen Frühstück machen wir uns auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Sightseeing in Lissabon ist gleichzeitig auch eine kleine Sporteinheit, weil es die ganze Zeit bergauf und bergab geht. Der Name „Die Stadt der sieben Hügel“ ist auf jeden Fall kein falsches Versprechen. Nachdem wir mindestens einen davon überwunden hatten, laufen wir auf den höchsten Hügel der Stadt, um das berühmte Schloss „Castelo de São Jorge“ zu besichtigen. Von hier hat man den besten Blick über die Stadt. Wir haben richtig Glück mit dem Wetter und erwischen eine Regenpause, als wir das Schloss besuchen. Einige der Pfaue sind in Show-Laune und zeigen uns ihr prächtiges Gefieder. Die Touristenmassen haben wir auch umgangen, weil zum einen im März noch nicht so viel los ist und zum anderen, weil wir richtig früh dran waren. 

Bester Dinge laufen wir den Hügel hinab. Wir wollen uns langsam Richtung Time-Out Market vorarbeiten, das ist eine moderne Markthalle neben dem Bahnhof. Auf dem Weg dorthin fängt es unfassbar an zu schütten. Wir sind natürlich bestens vorbereitet und packen unsere Schirme aus. Irgendwann fragen wir uns trotzdem, ob wir nicht lieber die Tram nehmen sollten. Mama würde eh gerne mal mit der berühmten historischen gelben Straßenbahn fahren. Ich hab keine Ahnung, wo man Tickets herbekommt, weil ich bisher fast ausschließlich zu Fuß unterwegs war. Also mache ich das, was man heutzutage halt macht, wenn man etwas braucht, ich packe mein Smartphone aus und google „Public Transport Lisbon“. Ich klicke direkt auf das erste Suchergebnis. Wir stehen irgendwo am Straßenrand unter unseren Schirm gekauert und wollen einfach nur schnell ein Ticket für die Tram. Auf der Website sehe ich die „Lisboa Card“, klicke auf Kaufen für 2 Zwei-Tagestickets. Kurz ärgere ich mich noch, weil es damit auch eine Ermäßigung für das Castelo gegeben hätte. Weil meine Kreditkarte nicht griffbereit ist, bezahle ich mit Mamas Karte. Ich erhalte eine E-Mail mit QR Codes. Was soll das denn? Zurück auf der Website finde ich FAQs, die mir erklären, dass ich den Code an einem Automaten scannen muss und dann bekomme ich die Tickets. Wie unnötig, denke ich noch, dann hätte ich ja direkt zum Automaten gehen können. Und damit beginnt eine kleine Odyssee. Lissabon hat kein öffentliches Nahverkehrsnetz wie München, wo es an gefühlt jeder Ecke eine U-Bahn-Station gibt. Auf dem Weg zur nächsten Bahnstation kommen wir an der Touristeninformation vorbei. Vielleicht können die uns ja die Tickets geben. Ich zeige unsere QR Codes und die Rechnungsnummer vor, aber die Dame verweist uns an das offizielle Bahn-Unternehmen. Am Ende landen wir an dem Bahnhof, wo wir ja eh hinwollten, weil sich gegenüber schon der Time-Out Market befindet. Trotzdem wollen wir noch unsere Tickets, wir haben schließlich 40 EUR dafür bezahlt. Der Automat ist wenig hilfreich, aber zwei Ticketschalter Gespräche später, landen wir endlich bei einer Dame, die uns zunächst nochmal zur Tourist-Info zurückschicken will. Als ich erkläre, dass wir genau da herkommen, schaut sie sich die Nachricht auf meinem iPhone nochmal genauer an und sagt relativ trocken „You got scammed“. Jetzt fliegt mir alles aus dem Gesicht. Mama versteht nicht ganz, was los ist, bis ich sage: „Ruf deine Bank an und lass die Buchung zurückgehen oder evtl. sogar die Karte sperren. …“ Ich kann es nicht fassen, dass ich innerhalb von 24h zweimal in einer Situation lande, die ich (nach meinen Maßstäben) nie gedacht hätte, dass es mir mal passiert. Erst verpassen wir einen Flug aus „Eigenverschulden“ und dann falle ich auf einen billigen Online-Touristenfallen-Trick herein. Erst habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich auch noch Mamas Kreditkarte benutzt habe, was im Nachhinein aber besser war, weil über meine Karte lief die Mietwagenbuchung für den zweiten Teil der Reise. 

Bis auf den Ärger und etwas Aufwand ist am Ende kein großer Verlust entstanden. Die Bank hat die Karte gesperrt und Mama hat das Geld wieder bekommen. Ich war dennoch so genervt, dass ich die Seite bei Google gemeldet hab, weil es sich um eine „Google AdWords Anzeige“ handelt. Spoiler Alert – hat nichts gebracht. Ich hab die Anzeige dreimal gemeldet und alle nötigen Infos bereitgestellt. Die Antwort war immer die gleiche „verstößt nicht gegen unsere Richtlinien“, obwohl in ihren Richtlinien steht, dass man Anzeigen melden kann, die auf Fake Seiten verweisen. Naja, ich hab’s versucht, aufregen bringt nichts. Geld regiert die Welt. Was soll man machen?

Nach dem ganzen Drama laufen wir noch durch die Markthalle, aber das Gewusel lädt nicht wirklich zum gemütlichen Mittagessen ein. Daher ziehen wir ziemlich schnell weiter und suchen uns ein entspanntes Restaurant irgendwo draußen in der Sonne am Tejo (Fluss). Sonne und Regen wechseln sich heute ab.

Am Abend gehen wir dann noch in dem veganen Hipster Restaurant das 8-Gänge-Menü essen. Ich konnte die Reservierung zum Glück umbuchen. Das Essen war unglaublich lecker. Mama hat’s auch geschmeckt und sie ist ganz begeistert, was veganes Essen so kann. Ich bin nicht vegan, aber ich fand es spannend, sowas auszuprobieren, vor allem weil es als Vegetarier für mich nicht ganz einfach ist, in einem traditionellen portugiesischen Restaurant etwas zum Essen zu finden. Der Vorteil von größeren Städten ist, dass es dort immer mehr solche Restaurants gibt. Und tatsächlich haben wir über die Tage verteilt noch ein paar davon ausprobiert. Danke Mama, dass du dich von mir ohne Vorurteile in all die Hipster-Lokale hast schleppen lassen. 😉

Danach wird noch eine Runde Karten gespielt…

Wer sich fragt, warum ich gerne Zocke? Es liegt mir in den Genen. 😉

Der zweite Tag in Lissabon ist noch etwas verregneter. Wir lassen es daher ziemlich gemütlich angehen und sitzen erst mal die dicksten Regenwolken aus. Ein klarer Vorteil, wenn man in einem Apartment ist gegenüber einem Hotelzimmer. 

Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg, schlendern noch ein bisschen durch die Stadt, wobei unser eigentliches Ziel der Torre de Belém ist. Die restliche Strecke legen wir dann jedoch mit einem Uber zurück. Der Turm ist nicht im Zentrum und zu Fuß wäre es dann fast schon eine kleine Wanderung gewesen. Der Torre de Belém ist eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt und ein UNESCO-Weltkulturerbe aus dem Jahre 1521. 

Der Wind pfeift uns um die Ohren, aber wir laufen dennoch etwas am Fluss entlang und von dort weiter Richtung der bekannten Pastelaria de Belém, um dort die leckeren kleinen Törtchen zu essen. Diese sind mindestens genauso berühmt wie der Turm selbst. Die gleichnamige Pasteleria ist ein richtiger Touristenmagnet geworden (leider für uns, gut für die) und genau vor uns kam eine riesige Reisegruppe an, da haben wir schnell das Weite gesucht und uns stattdessen in ein nahegelegenes Café gesetzt. 

Am nächsten Tag geht es nach Sintra. 

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