Ein paar Wochen bevor wir nach Hawaii gereist sind, habe ich schon mal etwas die Recherche-Maschinerie angeworfen, um rauszufinden wie so die aktuelle Lage bezüglich Haiangriffen ist. Dabei schau ich mir am liebsten irgendwelche offiziellen Daten an. An dieser Stelle sei erwähnt, dass das überhaupt nicht hilfreich ist und auch keinesfalls zu irgendeiner Entspannung beiträgt. Leider mach ich es trotzdem immer wieder. Es gehört zu den Verhaltensweisen, bei denen man weiß, dass man es besser lassen sollte und dann greift man dennoch voll zu. Naja, auf jeden Fall haben meine Recherchen ergeben, dass O’ahu zwar nicht zu den schlimmsten Orten in Sachen Haiangriffe gehört, aber hin und wieder passiert schon mal was. Daher mache ich für mich selbst eine mentale Notiz, dass wir relativ safe sind, aber ich geh auf keinen Fall an diesem Puaʻena Point surfen. Denn genau da wurde gerade erst letzten Oktober einem Spanier während eines Surfkurses ein Bein abgebissen. Und auch sonst sagt die Statistik zu dieser Ecke nichts Gutes. Es gibt auch noch ein paar weitere Einträge zu Haleʻiwa. Wobei diese Vorfälle in Zusammenhang mit „Shark Diving“ passiert sind. Allerdings wird das direkt vor der Küste angeboten. Also wenn daraus ein Business gemacht wird, dann müssen ja schon ein paar von den Tieren genau dort unterwegs sein. Wie dem auch sei, ich hab mir fest vorgenommen, dass ich da keinen Fuß ins Wasser setzen werde. 

Ein paar Wochen später…

Wir befinden uns auf Hawaii und Rainer sucht verzweifelt nach Surfstränden, wo uns die Wellen nicht erschlagen und wir auch keinen Ärger mit irgendwelchen Locals bekommen. Er wühlt sich durch ein paar Beiträge und wird fündig. Die Ausbeute für die North Shore ist nicht besonders groß, aber 2-3 Strände oder Riffs werden als geeignet für Surfer wie uns empfohlen. 

Allerdings wollen wir uns trotzdem erst mal selbst ein Bild der Lage machen. So landen wir am Haleʻiwa Beach Park, auch bekannt als Puaʻena Point. Wir schauen uns den Spot genauer an, machen auch ein paar Bilder. Es ist super voll. Vor allem viele Longboarder, einige Anfänger mit Softboards und auch der ein oder andere Foiler ist zu sehen. Shortboarder sehen wir fast gar nicht und wenn dann relativ weit draußen. Trotzdem muss ich zugeben, dass es harmlos wirkt. Auch die Umgebung macht einen freundlichen Eindruck. Für Rainer ist schnell klar, dass er hier zum Surfen herkommen will. Es ist zwar nicht ganz das, was er sich vorgestellt hatte, aber besser als nichts und vielleicht ein guter Einstieg. Ich bin wiederum noch unentschlossen, kann aber in dem Moment nicht so ganz sagen warum. 

Später als wir im Auto sitzen dämmert es mir. Dieser Name kommt mir doch bekannt vor. Woher nochmal? Ich habe eine leise und ungute Vorahnung. Zögerlich google ich nochmal die Seite mit den offiziellen Statistiken zu Haiangriffen in O’ahu. Ja genau, das war doch der Strand, wo ich auf gar keinen Fall ins Wasser wollte. Ich bin in der Zwickmühle, ob ich was sagen soll und Rainer auch den Spaß verderbe, oder ob ich es für mich behalte. Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit ja trotzdem unfassbar gering und es geht vor allem um die gefühlte Angst. So viel ist mir klar. Ich sag’s trotzdem. Es musste irgendwie raus. Natürlich ist er gar nicht begeistert und verflucht meinen Drang alles zu diesem Thema zu recherchieren. Immerhin ist er besser darin solche Sachen auszublenden und geht dann ein paar Tage später dennoch surfen. Richtig gut war es nicht, aber das lag nicht an den Tiger Sharks, sondern an den Wellen. Trotzdem: besser als nichts. 

Ich bleibe bei meiner Strategie, denn nur kurz später lese ich auf einer der News Webseiten, dass es einen Haiangriff gegeben hat. Ein Mädchen wurde beim Surfen in den Fuß gebissen. Anderer Strand, aber die Insel ist nicht groß, also weit weg war es auch nicht. Zum Glück nichts schlimmes passiert. Aber das Kopfkino ist in vollem Gange. 

Es dauert nicht lange und da kommt auch schon die nächste Meldung von einem Surfer, der irgendwo am Waikiki Beach angegriffen wurde. Auch hier ist zum Glück nichts passiert. Der Tiger Shark hat „lediglich“ in das Brett gebissen und einen beeindruckenden Abdruck hinterlassen. Der Surfer hat sich zur Wehr gesetzt und das Tier ist von dannen gezogen. 

Nach dieser Meldung bin ich endgültig fertig mit dem Thema. Zwei Angriffe in nur einer Woche. Das war etwas zu viel des Guten. Ich werde Hawaii verlassen ohne auch nur den Versuch unternommen zu haben hier zu surfen. 

Banzai Pipeline 

Der wohl bekannteste Surfspot der Welt befindet sich direkt vor unserer Haustür – Pipeline. Selbst viele Nicht-Surfer kennen die beeindruckende Welle aus den Medien. Vor vielen vielen Jahren galt sie noch als unsurfbar, weil zu gefährlich und heute sitzen zum Teil Kinder im Line-up. So schnell können sich die Grenzen des Möglichen verschieben. Trotzdem sollte man sich nicht täuschen lassen. Diese Kids sind mit der Welle aufgewachsen und wurden von den Älteren herangeführt und selbst dann bleibt immer noch ein Restrisiko. Es gibt immer wieder schwere Unfälle, selbst unter den Profi-Surfern. 

Aber zum Zuschauen ist es schon unfassbar beeindruckend. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus. An einem Tag rollen die mit Abstand größten Wellen rein, die ich je live gesehen habe. Die Bilder werden der Größe und der Wucht gar nicht gerecht. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir noch nicht mal bei einem außergewöhnlich großen Swell hier waren. „Average size“ würden die Locals wahrscheinlich sagen. Wie in Westaustralien sind die Größenverhältnisse nicht vergleichbar mit dem, was wir gewohnt sind. 

Immer mal wieder machen wir uns auf den Weg und schauen uns das Schauspiel “Pipeline” an. Die Welle bricht relativ nah am Strand, was es für Zuschauer noch attraktiver macht. 

Sunset Beach

Fast noch näher an unserer Unterkunft befindet sich Sunset Beach, ebenfalls ein bekannter Surfspot. Hier sieht man den deutlichen Unterschied wie weit draußen normalerweise die Wellen brechen. Von weitem wirkt es natürlich noch kleiner, aber wenn man ranzoomt und das Größenverhältnis zwischen Surfer und Welle genauer beobachtet, weiß man auch hier, was für Berge heran rollen. Außerdem waren wir hier an unserem ersten Tag auf der Insel mal kurz baden und die Strömung war selbst an so einem flachen Tag deutlich spürbar. Die Kraft der Wellen, aber vor allem auch die starke Strömung wird von Besuchern gerne mal unterschätzt und kann einem schnell zum Verhängnis werden. Es geht nicht um Panikmache, aber wenn man die Bilder sieht, hab ich das Gefühl, das kommt nicht rüber. Außerdem hab ich kurz vorher ein Buch über „Eddie Aikau“ gelesen, wo das alles sehr genau beschrieben wurde. Vielleicht hat es sich deshalb auch so eingebrannt.

Waimea Bay

Wo wir schon bei Eddie Aikau sind. Er war einer der bekanntesten hawaiianischen Lifeguards und Surfer. Waimea Bay war „sein“ Spot. Zum einen war er der erste Lifeguard an diesem Strand und hat unzähligen Menschen das Leben gerettet. Zum anderen war er Ende der 60er Jahre, auch einer der wenigen, die überhaupt diese Welle surfen konnten und wollten. Eddie war und ist eine Legende der hawaiianischen Surfszene. Bis zu dem Buch wusste ich nicht viel über ihn. Mir war sein Name ein Begriff, viel mehr aber auch nicht. Das Buch enthält auch viel hawaiianische Geschichte und könnte auch für Nicht-Surfer durchaus interessant sein. Er hatte ein spannendes, wenn auch tragisch kurzes Leben. 

Schon allein wegen Eddie wollten wir einmal in die Waimea Bay. Die Bucht ist sehr beliebt und man muss entweder richtig früh oder spät kommen, damit man ungestört Bilder machen kann. So sind wir an einem der letzten Tage auf O’ahu noch vor dem Frühstück losgezogen und haben uns die Bucht einmal in Ruhe angeschaut und natürlich auch die Eddie-Statue. 

Waikiki – Zwischen Konsum und Surfkultur

Eine weitere hawaiianische Surf- und Schwimm-Legende „der Duke“ hat in Waikiki eine Statue erhalten. Duke Kahanamoku war dreifacher Olympiasieger im Schwimmen und hat das moderne Wellenreiten geprägt. Eddie war wie viele andere ein großer Fan von Duke Kahanamoku. Leider weiß ich sonst von Duke nicht so viel… von ihm hab ich kein Buch gelesen. Könnte aber auch interessant sein. Kommt vielleicht noch. 

Wir sind natürlich nicht nur wegen ihm nach Waikiki gefahren, aber seine Statue gehört definitiv zu einem Besuch des berühmten Stadtstrandes dazu. Zugegeben wir waren nicht gerade hochmotiviert in die Stadt zu fahren, aber es fiel unter die Kategorie „wenn wir schon mal da sind…“. Also setzten wir uns eines Tages ins Auto und düsten nach Waikiki. Der Stadtverkehr war stressig und ein erster Vorgeschmack auf die bevorstehenden Menschenmassen. Ich suchte ein Parkhaus heraus, von wo aus wir entspannt zum Strand laufen konnten. Und so schnell landeten wir mitten in der amerikanischen Konsumlandschaft. Ein Geschäft reihte sich an das andere und die Hotelburgen säumten den berühmtesten Strand von Hawaii. Wir waren leicht überfordert von all den Eindrücken, haben aber fairerweise den Konsum mit angekurbelt und noch zwei T-Shirts im Surfshop gekauft. Dann ging es weiter an den Strand, bzw. erst mal zum hippen „Banan“, das sowas wie pflanzenbasiertes Bananeneis herstellt und sich als gesunde Eiscreme-Variante tarnt. Uns ist es bekannt durch die Profi-Surferin „Carissa Moore“ und daher bestellen wir auch ihren Eisbecher, der uns aufgrund ihres Sportlerdaseins gleich noch gesünder vorkommt. Schon lecker und mal was anderes, aber ganz überzeugt bin ich dann doch nicht. Ein gutes italienisches Gelati ist mir irgendwie lieber. 

Wir laufen noch etwas am Strand entlang, aber so richtig will der Funke nicht überspringen. Wir finden es eher stressig oder um es in Rainers Worten zu sagen:

„Ich hoffe, wir können uns in Portugal von Hawaii erholen.“

Trotzdem machen wir noch ein paar Bildchen, gehen dann noch in einem Art vietnamesischen Groß-Imbiss was essen und treten nach guten zwei Stunden auch schon wieder die Heimreise an. Genug Stadtleben für die nächste Zeit. 

Surfen – The Lineup Wai Kai

Als uns immer mehr die Ideen ausgehen, was wir mit unserer Zeit noch anfangen sollen, überrede ich Rainer zu einem Ausflug zu „The Lineup“. Ich habe es zufällig entdeckt, weil es auf Surfline eine Surf-Cam dazu gibt und dort als ein Surfspot eingetragen ist. Zuerst hatte Rainer nicht so richtig Lust, aber preislich war es wirklich ok und so haben wir uns jeweils zwei Slots gebucht. Wie bei vielem in den USA, hat auch hier der Gigantismus zugeschlagen. Soll heißen, man kann eine stehende Welle bis zu 30m surfen. Wir haben uns für die mittlere, aber auch schon gigantische Welle von fast 20m entschieden. Zum Vergleich die Jochen Schweizer Welle ist 7.5m breit. 

Natürlich klingt es im ersten Moment total verrückt, dass man auf Hawaii Geld dafür bezahlt um auf einer stehenden Welle zu surfen. Aber hey, wir hatten die Welle fast für uns allein. In der ersten Session waren wir nur zu fünft und in der zweiten Session waren wir komplett allein. Es hat ein bisschen gedauert bis man sich wieder an diese Art der Welle gewöhnt hat. Aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht und es war ein verdammt gutes Workout. Wir hatten den Muskelkater unseres Lebens. Bei Rainer ging es auch schon direkt los. Obwohl vereinbart war, dass ich hinfahre und er zurück, bittet er mich zu fahren, denn er kann die Beine nicht mehr bewegen. 😀 Am nächsten Tag hat es dann auch bei mir eingesetzt. Es war diese Art von Muskelkater, wo man am liebsten nicht auf die Toilette möchte. Diejenigen, denen schon mal so die Oberschenkel gebrannt haben wie mir in diesem Moment, wissen was ich meine. 

😁 🙈
Und so schaut es aus, wenn man es richtig kann 🙂

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