Durch einen glücklichen Zufall sind wir in Eden gelandet. Es war ein relativ grauer Tag mit hier und da auch ein paar ordentlichen Regenschauern. Eigentlich hatten wir überlegt noch eine Nacht in Merimbula zu bleiben. Ich bin sogar schon zur Rezeption gelaufen, um noch eine weitere Nacht zu buchen. Die machte jedoch erst um 9 Uhr auf. Aus irgendeinem Grund gab das den Anstoß den Plan nochmal zu überdenken. Wir hätten nicht lange warten müssen. Aber plötzlich fanden wir beide, dass es vielleicht doch besser wäre abzureisen. Die Kängurus waren super, aber ansonsten hatte der Campingplatz in Merimbula keinen Charme. 

Weit sind wir jedoch nicht gekommen, gerade mal 30 min Autofahrt und schon waren wir am Ziel „Eden“. Der letzte Ort direkt an der Küste bevor wir ein gutes Stück im Landesinneren fahren müssen. Hier haben wir einen tollen Campingplatz entdeckt mit dem grandiosen Namen „Garden of Eden“. Der Name ist hier wirklich Programm. Getoppt wurde das ganze noch von einer – selbst für australische Verhältnisse – unfassbar gut gelaunten Frau an der Rezeption. Gut, dass sie uns in der „Snake Street“ einquartiert hat. Das fand ich zunächst nicht so einladend. Es sollte sich aber noch als hervorragende Wahl herausstellen. 

Wir verbrachten den ersten Teil des Tages im Campervan, um uns vor dem Regen zu verstecken. Als sich dieser langsam verzog, fuhren wir in die Stadt, wo Rainer endlich mal „Fish & Chips“ essen wollte. Übrigens träumt er bis heute von diesen „Fish & Chips“ und beteuert es waren die besten überhaupt. Er hat noch ein paar getestet, aber keine kamen an diese ran. Eden, halt 😉

Ich dachte, ich gönn mir nen „kleinen“ Snack, bestelle nur Chips und bekomme die größte Portion aller Zeiten. Die Leute in dem Lokal „Food Co“ waren auch mega nett. Also falls jemand mal nach Eden kommen sollte, wir können es empfehlen. 😀

Ansonsten wird unser Sightseeing Programm dank Regen auf einen kurzen Zwischenstopp an einem Aussichtspunkt in Eden und einem etwas ausgedehnteren Nachmittagsspaziergang beschränkt. 

Das eigentliche Highlight waren jedoch Harry und Sally (Namen von der Redaktion geändert 😉 ). Die beiden standen mit ihrem Caravan auf dem Platz schräg gegenüber von uns. Wenn wir aus dem Van gekrochen sind, grüßten sie freundlich und irgendwann kam Rainer mit Harry ins Gespräch. Die beiden sind super offen und haben Lust andere Reisende kennenzulernen. Harry erzählt Rainer in einem Schnellabriss von all den Reisen, die sie schon gemacht haben. Sie haben fast jede Ecke in Australien bereist und schon einiges erlebt. 

Später am Abend, wir sind gerade am Kochen, klopft es an unserem Fenster und Harry lädt uns zum Lagerfeuer-Plausch ein. Dieses Mal sagen wir ja. Wir hatten schon die ein oder andere Einladung von Camp-Nachbarn dankend ausgeschlagen, was rückblickend vielleicht schade ist, aber da waren wir nicht in der richtigen Stimmung. 

Später erfahren wir, dass Harry und Sally in der Musikindustrie gearbeitet haben. Man kann raushören, dass die beiden viel erlebt haben, nicht nur auf Reisen, sondern auch beruflich. Sally ist frisch gebackene Rentnerin und sagt, auch wenn sie immer sehr gerne und viel gearbeitet hat, liebt sie das neue Rentner Dasein. Wir sollen uns darauf freuen, alt werden ist auch schön, meint sie. Harry ist, wie wir erfahren, einige Jahre jünger und fokussiert sich aktuell eher auf gemeinnützige Projekte, die allerdings auch noch mit der Musikindustrie zu tun haben. 

Wir erzählen den beiden, dass wir die Musik von den australischen Künstlern „John Butler“ und „Xavier Rudd“ sehr gerne hören und auch schon auf Konzerten waren. John Butler wird anerkennend quittiert. Zu Xavier Rudd meint Sally nur „ah, the Hippie“. Diesen Beinamen wird er von jetzt an für uns behalten. 

Am meisten beeindruckt, oder überrascht, hat mich allerdings, dass Sally relativ schnell politische Themen angeschnitten hat. Ich fand es super spannend von Einheimischen etwas über die politische Situation zu erfahren, bzw. auch was sie von Land und Regierung halten. Es würde zu weit führen, das hier auszuführen und spielt auch keine Rolle. Aber ich hätte gerne mehr und länger mit ihr darüber geredet. Sie war extrem gut informiert, auch über die politische Lage in Europa. Sie verfolgt genau, wer wo gerade welche Wahlen gewonnen hat. Ich fand es vor allem interessant, weil man normalerweise eher oberflächliche Gespräche führt. Ich spreche sie auch darauf an, und sie bestätigt, dass sie eher die Ausnahme ist. Aber Politik und Kultur interessieren sie und sie diskutiert gerne darüber. Eine wirklich spannende Frau.

Harry hingegen versucht die Stimmung eher hoch zu halten und nicht zu sehr in schwere Themen abzutauchen. So kommt es, dass wir lernen, was „Australian Football“ ist und dass diese Sportart, die ihre ganz eigenen australischen Regeln hat unfassbare Zuschauerzahlen zu verzeichnen hat. Wenn ich es richtig verstanden hab, ist es die beliebteste Sportart in Australien in Bezug auf Fans / Zuschauer. Wer mehr wissen will, kann sich das YouTube Video anschauen, das uns die beiden gezeigt haben. HIER

Außerdem erfahren wir, dass Westaustralien gerne eigenständig sein möchte. Die ganze Debatte darum hat wohl durch die Pandemie einen richtigen Push bekommen. Eine andere Frau hatte schon mal eine Bemerkung dazu gemacht, aber ich dachte, es war eher ein Witz. Doch Sally und Harry bestätigen, dass Westaustralien diesbezüglich ernsthafte Absichten hat. Keine Garantie, dass das stimmt. Ich hab es nicht nochmal recherchiert.

Die beiden verraten uns noch, dass sie meist versuchen mit anderen Reisenden in Kontakt zu kommen, häufig wohl auch junge Rucksacktouristen. Sie meinen, das sind die spannenderen Gespräche, denn mit ihren australischen Altersgenossen haben sie nicht viel gemeinsam. Auch wenn sie wie die anderen Pensionäre inzwischen mit einem dicken Caravan durchs Land reisen und nicht mehr nur mit Zelt und Rucksack unterwegs sind. Sie finden die „Grey Nomads“, wie sie von allen genannt werden, langweilig.

Der Abend ging noch richtig lange und man merkte, dass die beiden echte Nachtschwärmer sind. Was man von uns nicht behaupten kann. Doch an diesem Abend im „Garden of Eden“ vor dem Lagerfeuer von Harry und Sally haben wir gerne mal eine Ausnahme gemacht. Nach Mitternacht und durchgeräuchert wie ein Schwarzwälder Schinken fallen wir müde, aber glücklich ins Bett. Genau solche Begegnungen hatte ich mir erhofft, bevor wir aufgebrochen sind. Wir haben viel gelacht, spannende Charaktere getroffen und mehr über Land und Leute erfahren. Danke Harry und Sally für diesen tollen Abend. In unserem alltäglichen Leben wären wir uns wohl nie begegnet. 

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